Groundsleeping 01

Stuttgart und Mainz oder die große Kunst des Groundsleepings – Teil Eins

Es begab sich, das wir beschlossen das Angenehme mit dem Nützlichen zu kombinieren: Wir wollten nach Stuttgart, Celtic Glasgow sehen, den Astra Schwaben besuchen (das Angenehme) und einen Tag später den FC Sankt Pauli von 1910 in Mainz tatkräftig unterstützen (das Nützliche). Man spricht ja immerhin noch ab und zu vom Klassenerhalt…

Stuttgart vs. Celtic

Stuttgart vs. Celtic

Nach langem hin und her war die Reisegruppe komplett: Mosh, Kim II Sung, Adolf Jäger, Olaf und meine Kleinigkeit sollten in dem Moshschen Opel gen Heilbronn, bzw. Stuttgart reisen. Einziger offensichtlicher Haken an der Sache war die Uhrzeit des Treffpunktes: Acht Uhr morgens vor der Moshschen Behausung. Das war zwar nicht weit entfernt von meinem Domizil aber dennoch beträchtlich früh. So quälte ich mich um sieben Uhr aus dem Bett, machte mich frisch und packte den Rest an nutzwertem Utensil in meine Tasche. Der Blick auf die blondgelockte, äußerst hübsche Frau in meinem noch warmen Bett und die Temperaturen draußen liessen mich zögern: Krankheit vortäuschen und wieder ins Bett? Aber nein, ich blieb standhaft und machte mich auf den Weg. Draußen ist feindlich denn draußen ist kalt. Aber bald war ich da und traf auf Adolf Jäger. Kurz darauf kam ein junger Mann des Wegs und bot uns statt einer Begrüßung einen Kaffee an. Kurz irritiert merkte ich bald, das jener junger Mann Olaf war und Mitglied unser illustren Reisegruppe. Er war nun bestens ausgerüstet mit Kaffee, Frikadellen sowie Wurst- und Käsestullen. Das einzigartige an den Stullen war neben der Ikegami-Falttechnik der Verpackung die Tatsache, das jede verpackte Stulle gekennzeichnet war: “W” für Wurst und “K” – na, wofür wohl? – richtig, für Käse. Man glaubt es kaum, es war aber so und wenn man ziemlich angetrunken nach einer Käse- oder Wurststulle sucht, ist es ungemein praktisch diese artig verpackt und gekennzeichnet vorzufinden.

Kim und Mosh trafen auch bald ein und so konnten die Gepäckstücke verstaut und die Autobahn befahren werden. Die Fahrt verlief recht unkompliziert, etwas eng da zu dritt auf der Rückbank aber die neue “11 Freunde” und die handliche Mopo sorgten für Kurzweil und so ging es zügig durchs deutsche Ländle. Ein erster Halt diente dem Pinkeln und dem ersten Tucher Weißbier für Adolf Jäger. Ein zweiter für erste Frikadellen, Stullen und die ersten zwei Biere für mich. Das Dosenbier hatte es nun in sich. Hatte schon beim Kaffee die Holperstrecke für einen ersten Schwapper gesorgt, so hatte ich nun das erste Bier auf der Hose. Eine SMS an Superfly, der im Bus anreiste ging durchs digitale Netz “150 km vor Frankfurt und das erste Bier auf der Hose.” “Bei uns gibt es auch Bier aus der Dose.” als Antwort sorgte für einen regen SMS-Austausch zwischen ihm und mir, der mir darüber Aufschluss gab, das Superfly schon ziemlich “angedreht” war, die Toilettenspülung des Busses kapituliert hatte und dieser Bus sich bei Schweinfurt befand. Alles bestens also.

Wir nahmen alsbald Kontakt zum Astra Schwaben auf und bald trafen wir in Donnbronn, bzw. Untergruppenbach bei Heilbronn ein. Alles im Lack, bzw. im Rahmen der Zeitplanung. So blieb ausreichend Zeit für eine intensive Begrüßung, angeregte Unterhaltung und selbstredend einiges an Tannenzäpfle aus der Flasche. Nachdem alles mit Karten und anderen Details geklärt war machten wir uns im Großraumauto des Schwaben auf den Weg nach Stuttgart, im Kofferraum eine Kiste Tannenzäpfle. Das Tückische an diesen Flaschen ist, das sie, kaum hat man sie aufgemacht und dran geschnuppert auch schon leer sind. So ging auf der Fahrt ein ums andere Tannenzäpfle seinem Ende entgegen und wir peilten die Parkplatzsuche in Stuttgart an. Unweit der Staatsgalerie konnten wir das Auto getrost stehen lassen und warteten dort auf Superfly, der den Bus an der in Fußnähe gelegenen Jugendherberge verlassen hatte. Auch hier wurde begrüßt, umarmt und auch gleich gesungen: “If you hate the fucking Rangers, clap your hands!” So zogen wir munter Richtung Schloßplatz, um dort unseren Stuttgarter Vigilanten der Aktion Süd namens Florian aufzusammeln und an Fanladen Heiko Eintrittskarten abzuliefern.

Als wir auf den Schloßplatz kamen verschlug es mir schier die Sprache: Der komplette Platz – von der Größe her ungefähr doppelt so groß wie der Hamburger Rathausmarkt – war vollends in schottischer Hand. Was für ein Anblick. Was für ein Spektakel. Und wir mittendrin statt nur dabei. Überall Fahnen und Banner. Selbst an den umliegenden Häuserwänden waren Banner angebracht. Die Stuttgarter erwiesen sich offensichtlich als freundliche Gastgeber. Bald auch war der erste Kontakt zu Schotten hergestellt, Bier wurde organisiert (an dieser Stelle sei angemerkt, das Schotten weitaus großzügiger sind als ihr Ruf), Fotos gemacht und über Fußball geredet. Bisher hatte ich immer den Eindruck, das die Freundschaft zwischen unserem FC und Celtic vielen Glasgowern nicht wirklich bekannt ist. Aber die Tatsache, das nahezu jeder unsere Farben erkannte und uns auf “Sänt Poolie” ansprach belehrte mich eines Besseren. Unsere Fanartikel waren heiß begehrt und so mancher Schotte bot dafür einiges an Mützen, Schals und Shirts. Aber nicht mit uns.

Nun ja, wo gehobelt wird fallen bekanntlich Späne. Und wo getrunken wird, da wird mitunter viel uriniert und auch gespuckt. Also offenbarten sich hier neben all den schönen und freundlichen Momenten auch die unschönen Seiten solcher Treffen: Menschen, die in die Zigarettenautomaten von Cafes oder in den hiesigen Springbrunnen pinkeln. Andere wiederum, die besinnungslos auf Stühlen hängen und dem Auswurf freien Lauf lassen. Das sollte aber unsere Freude und unseren Spaß nicht trüben. War unsere Runde doch ausgenommen kultiviert im Umgang mit Alkohol, der Englischen Sprache und den schottischen Gästen.

Friendship

Friendship

Dann aber wurde es Zeit, die Innenstadt Richtung Gottlieb-Daimler-Stadion zu verlassen und so enterten wir die U-Bahn. Die Fülle an Menschen und die Enge in den Waggons erinnerte mich leicht an die Braunschweiger Busse. Und auch hier wurde fröhlich gesungen und gefeiert. Das Stadion war bald erreicht und die Plätze eingenommen. Dort trafen wir auf weitere Bekannte wie Sven Brux, den St. Paulipirat, Netzmeister und und und. So liess sich das Spiel gut angehen und auch hier im Stadion war die Atmosphäre mehr als beeindruckend. Der Schottenblock war komplett ausgefüllt, jeder stand – so auch wir – und Schalparade und Gesänge sorgten für Gänsehaut pur. Celtic Glasgow führte recht schnell Zwei zu Null und das steigerte die Stimmung nochmals ins Ungeahnte. Neben uns stand ein Schotte, der rechts am Ohr ein Handy und links am Ohr einen Döner hatte. Allein die Frage, mit welchem der beiden Dinge er in die Heimat telefonierte blieb uns verschlossen. Die Halbzeit kam und kurz vor Pausenbeginn machte ich mich auf die Jagd nach was Essbarem. Ich erstand einen Döner (gute Qualität, schneller Service) und besänftigte so mein Magenknurren. An ein Getränk war nicht zu denken, da unendlich lange Schlangen und auch der Gedanke an dieses alkoholfreie, schal schmeckende Bier mochte mich nicht erfreuen. Also zurück zum Platz und erst einmal hingesetzt. Irgendwie aber schweiften so im Sitzen meine Gedanken etwas ab und ich verlor den Faden. Genauso wie die komplette zweite Halbzeit. Denn als ich aus meinen Gedanken, um ehrlich zu sein meinem Schlaf erwachte stand es Drei zu Zwei für Stuttgart und das Spiel war vorbei.