Burghausen (nur geträumt)

Burghausen die Erste oder wie kurz bevor steht die Midlife Crisis wirklich?

“Aux Armes” schallte es durch die Arena. Abertausende sangen, klatschten und dieser beeindruckende Roar schien einen fast zu erdrücken.St.Pauli führte gegen Wacker Burghausen in deren Stadion 6:0. Markus Lotter hatte zwei Tore geschossen und die anderen Vier für Nico Patschinksi und Chen Yang aufgelegt. Das Stadion war ein einziges tosendes Freudenmeer. Ganz in Armani-Schwarz gewandet saß ich auf dem Zaun, das Megaphon vor dem Mund, mit der anderen Hand auf eine St. Pauli Standarte gestützt, die leicht im zarten Norwind wehte. Von meiner Position aus feuerte ich die Massen an. Und genoss gleichzeitig den Blick auf das neben dem Stadion liegende Freibad. Vor Verlangen verzweifelnd versuchten junge Damen mir ihre Bikinioberteile zuzuwerfen.

Dann ein schrilles Feedback im Megaphon…

… und ich wurde von dem Knistern wach, das mein Handy in meinem Radiowecker verursachte. Shit, was war das für ein Traum? Wie ist er zu deuten? Es ist Samstagmorgen und die Abfahrt nach Burghausen steht bevor. War es ein Zeichen für einen Auswärtssieg? Was machte ich dort oben auf dem Zaun? Fragen über Fragen. Ich schlich ins Bad, duschte und rasierte mich, stand vor meinem Schrank und suchte das passende Gewand: Doch den Armani oder eher Dolce & Gabbana, Versace oder Jil Sander? Zuerst liess ich mir von James einen doppelten Espresso kredenzen und studierte die Financial Times sowie die aktuelle Korrespondenz. Reenald bat mich, seine Nachfolge anzutreten und die DFL bat mich um kurzfristiges Krisenmanagement. Beide Anliegen waren eine Überlegung wert. Ich entschied mich für was schlichtes Schwarzes von Joop!, den neuen Mantel von Strellson, packte meinen MCM Köfferchen und stieg in meinen Aston Martin, um noch ein zwei Stündchen im Büro meine Depots zu checken und die eine oder andere Transaktion zu tätigen. Auf der Fahrt genoss ich den Anblick meiner Stadt, ihrer Straßen und Bewohner, bevorzugt den Anblick junger Hanseatinnen. Das ganze beruhte auf Gegenseitigkeit und so vertiefte ich mich in einen schon fast anzüglichen Blick der jungen Dame an der Kreuzung neben mir. Ich liess meinen Aston aufbrausen, gab Gas und rauschte in den Passat vor mir.

Ein lautes Krachen…

… und nun war ich wirklich wach. Die Sonne blinzelte in mein Zimmer und ich rüttelte mich auf, fingerte eine Camel ohne aus der Packung, zündete sie an und ging in die Küche, um mir einen Kaffee zu machen. Was war nur los? Mein 36. Geburtstag stand kurz bevor und ich träumte Träume in Träumen, die mir zu denken gaben. Stand eine Midlife Crisis kurz bevor? War es ein Fehler, im Juni den Jaguar XJ 40 zu verkaufen, den Job aufzugeben und sich selbstständig zu machen? Bin ich zu alt, um mit meinem Fanclub eine hammerharte Auswärtsfahrt nach Burghausen zu machen? Kaffeeduft und Zigarettenqualm verdrängten die Gedanken und mein Blick fiel auf den Wäschekorb voll mit Proviant und Reiseutensilien. Nuhnuh, Klo und ich hatten gestern Getränke, Lebensmittel und diverse andere Dinge eingekauft, um für die Fahrt gut gerüstet zu sein. Abends wurden Frikadellen gemacht und Stullen geschmiert. All dies stand nun bei mir im Flur und sollte uns auf dem Weg nach Burghausen begleiten.

Seit mehr als zehn Jahren verfolge ich das Geschehen am Millerntor. Erst in der Gegengeraden, dann die letzten beiden Saisons aus beruflich bedingten Auslandsaufenthalten eher unregelmäßig von der Haupttribüne aus und nun stehe ich als Mitglied der Aktion Süd in der Südkurve, schwenke Fahnen, halte Doppelhalter oder Tapeten in die Höhe und brülle mir die Lunge aus dem Leib. Dutch Schulz, was wird aus Dir? Hatte ich doch schon am letzten Mittwoch beim Spiel der Amateure gegen Holstein Kiel mit einem kleinen “Aux Armes” für Schmunzeln gesorgt.

Nun gut, es geht nach Burghausen. Jungs, bitte schenkt mir zum Geburtstag drei Punkte. Mehr will ich nicht…