Pokal

DFB Pokal gegen Bremen oder wenn ich es nicht besser wüßte, fehlten mir die Worte

Leute, ich verstehe das alles nicht mehr. Gestern ging ich ratlos zu Bett, wälzte mich ein ums andre Mal links nach rechts, von rechts nach links und hatte wüsteste Träume, die darin ausuferten, das ich meine große unerfüllte Liebe aus der achten Klasse (nachdem sie schön öfters in meinen Träumen auftrat) endlich mal nackt gesehen habe. Immerhin das hatte sich an diesem Tage gelohnt. Aber ich fang am besten mal von vorne an. Ich glaube, das gehört sich so…

Haupttribüne

Haupttribüne

Anderthalb Tage hatte ich mit mir gerungen, um zu entscheiden, ob ich mir den halben Tag frei nehme um den Passanten bei der Stadionchoreo zu helfen. Da Boys In Black (for her), Superfly, Bob und Südkurve sich schon bereit erklärt hatten, entschied ich mich spontan zum halben freien Tag und so machten Bob, Superfly, Boys In Black (for her) und ich uns auf dem Weg ins Millerntor. Südkurve war da und auch die Passanten waren schon eifrig bei der Arbeit: die Wetterhexe, Orsen, Sandra, Christian um hier nur einige zu nennen. Wir schleppten die Zettelpakete ins Stadion und fingen an, auf die Sitzbänke nach Plänen weisse und braune Zettel mit Infoblatt zu kleben. Problem hier war zum einen der heftige Wind, der zu allerlei Ressourcenverwehung führte und die Tatsache, das die von uns mitgebrachten braunen Zettel doppelt so groß waren wie die weissen. Also machten Superfly und ich uns daran, die braunen in Hälften zu schneiden, was eine ganz schöne Arbeit war in Anbetracht der benötigten Massen.

…Anekdote am Rande: die “Kein Kick ohne Fans” Bande wäre uns beinahe auf den Kopf gefallen und irgendwelche Schwachmaten hatten in den Mittelkreis des Spielfeldes ein großes X und “Stoppt Castor” gemalt. Die Platzwarte waren verzweifelt bemüht, das wieder wegzukriegen und so war die Aufregung groß. Diese, in meinen Augen Schwachsinnsaktion (sinngemäßes Zitat Orsen: “Die sollen das auf den Rathausmarkt malen, wo es hingehört. Aber nicht auf unseren Rasen.” – kann ich nur unterschreiben) führte dazu, das kurzerhand sämtliche politischen Statements im Stadion von Vereinsseite verboten wurden und die Singing Area darauf reagierend “Stoppt Castor” Zettel ins Stadion brachte und hoch hielt. Korrekte Reaktion…

Nach drei Stunden war dann auch vollbracht, was zettelmäßig vollbracht werden sollte und so machten wir uns auf unsere Wege. Aktion Süd ins Miller, Passanten in den Fanladen und andere wohin auch immer. So trafen wir im Miller auf Klo, Saschex, die Pauli Tante, King Sicko, Silversurfer, der seinen Bruder dabei hatte und weitere Menschen, die sich in der Hoffnung trafen, wir könnten den Bremern einen Strich durch die Pokalrechnung machen. Zu rechter Zeit machten wir uns auf den Weg. Immerhin traten die Arschrocker das erste Mal in der Südkurve in Erscheinung und wir sollten ja noch zur Choreo die einhundertachtundachtzig Meter lange Tapete von Orsen vor der Haupttribüne hoch halten, die da besagte “Braun und Weiss sind die Farben, die wir in unseren Herzen tragen”. So also nahm alles seinen schönen Lauf, der Fanroar und der Blick von der Haupttribüne aus in die Nord- und Südkurve und die Gegengerade jagte mir eine kleine Gänsehaut über Pelle und durchs Hirn. Fahnen, braune und weisse Zettel, Konfetti, Doppelhalter (“Exil Arschrock Area” in der Südkurve war dabei Largest Auto-Porno-Kino since 2001) und und und. Im Stillen dachte ich mir, das das doch wohl eine Mannschaft dazu bringen muß, endlich mal eine Leistung hinzulegen, die sich gewaschen hatte.

Schmücken der Haupttribüne

Schmücken der Haupttribüne

Wir, die wir also die Tapete in den Händen hielten zurück in die Süd, angetreten zum Support. Und es ging gut ab in der Südkurve. Die wenigen Bremer – Bob, die lässt Du das nächste Mal zuhause;-) – machten am Anfang nichts aus und die Fangesänge zwischen uns und den Bremern auf der Haupttribüne waren noch recht witzig. Aber allein unsere Mannschaft machte uns wieder einen dicken fetten Strich durch die Rechnung: noch nie habe ich so eklatant vorgeführt bekommen, was dilletantische Raumdeckung und zimperlicher Kampfeinsatz zur Folge haben. Da tackelt jede Ballett-Truppe härter, weiß die Bühne besser zu besetzen und zu nutzen. Die drei Tore der Bremer waren verdient, allein schon durch unsere Dummheit. Bulat hat zum Ende der zweiten Halbzeit eine höhere Niederlage verhindert. Bitter die Verletzungen von Sager und Fröhlich. Höchststrafe für Racanel, der erst ein- und dann wieder ausgewechselt wurde. Lichtblick bei Inceman, der bemüht war und für einige Bewegung sorgte. Blöd die Bremer Fans, die für Rauchschwaden und Signalraketen sorgten. Dumm unsere Ordner, das solche Sachen wieder ins Stadion gelangen konnten. Warum werden wir bei jeder Auswärtsfahrt wie Schwerverbrecher behandelt und durchsucht? So langsam fingen auch die Bremer in der Südkurve an zu nerven mit dummen Texten und irgendwelchen Bayerngesängen. Aber wir hielten uns als gute Gastgeber zurück und liessen sie gwähren. Es war ja nur ””ne Handvoll.

Südkurve

Südkurve

Kurz nach dem Abpfiff sorgten dann aber einige Werderaner auf der Haupttribüne kurzzeitig bei Superfly und mir für Adrenalinschübe, da sie ziemlich aggressiv und dumm durch den Zaun kommunizierten und insgeheim bereitete ich mich schon darauf vor, vor dem Ausgang auf prügelwillige Bremer zu treffen. Das passierte Gottseidank nicht, da das Einpacken unseres Equipments solange dauerte, das es den Bremern wohl zu dumm war, auf uns zu warten. Entgegen aller Gewohnheiten zerstreute sich die Aktion Süd relativ schnell, die Arschrocker gingen los ins Radau, Superfly, Geoffrey und ich in den Fanladen. Auf dem Weg dorthin holte ich mir aus dem Auto von Superfly noch meine Tasche, die mein Notebook und eine Tüte Milch beherbergte. Im Fanladen trafen wir Sandra, Spaddel, den Grafen, der mit seinen Stadion-Stadionverkäufern abrechnete und so kam es noch zu allerlei Gerede. Aber Superfly und ich waren irgendwie ziemlich frustriert. War das ein Wunder? Man macht sich solch eine Mühe, um der Mannschaft Rückhalt, Support und Mut zu geben und dann wieder einmal so eine Pleite. Da kommt man schon ins Grübeln.

Aber das Grübeln wurde abgelöst durch schrille Pfiffe, Gesänge und Blaulicht von aussen. Eine Bambule-Demo zog vorbei und nach kurzer Diskussion reihten Geoffrey, Superfly und ich uns ein. Und ich mit meiner Tasche. Nachdem die Demo relativ unkoordiniert die Wohlwillstrasse hochzog, dann über die Stresemann in die Bernstorff (wo Geoffrey sich ausklinkte), um von da auf der Reeperbahn zu landen, fing dann irgendwann auch an, die Polizei zu reagieren. Hinter mir Wasserwerfereinsatz, vor mir mir entgegenkommende Demonstranten gefolgt von Polizei in der üblichen Kampfmontur. Ich guckte Superfly an, er rannte los und ich blieb einfach stehen. Sah die Polizisten auf mich zukommen und blieb einfach stehen. Dabei dachte ich nur an die Tüte Milch in der Tasche. Gott, beschütze meinen Liter Milch. Bis auf einen kleinen Schubser ist mir dann auch nichts passiert. Der Milch auch nicht. Daraufhin zog ich mich zum Lehmitz zurück, wo dann aber auch schon wieder Polizisten hinliefen, um diesmal willkürlich auf die Leute einzuschlagen. Wobei einschlagen hier der falsche Begriff ist. Denn der Polizist, der neben mir jemandem den Po versohlte machte dabei eher den Eindruck einer Klischeetunte, die Wattebäuschchen um sich wirft. “Du böser böser Bengel du, hier wird jetzt nicht rumgelungert.” Naja, ich will das nicht verniedlichen aber das Gebahren erinnerte mich an den kämpferischen Einsatz von St. Pauli im Strafraum. Ich machte mich dann irgendwie auf den Weg, rief Superfly an, um das Miller als Treffpunkt zu vereinbaren, schlug mich durch brennende Müllcontainer löschende Wasserwerfer und schlagstockschwingende Polizei durch, immer in tiefster Sorge um meine Milchtüte (irgendwann verschieben sich die Prioritäten). Endlich im Miller angelangt, traf ich Superfly und auch der Graf verweilte dort noch mit seinem Volk. Heiko (Fanladen) kam auch noch rein und so wurde eifrig über die Demo diskutiert. Quintessenz des Ganzen: Egal, was man von den Bauwagen hält. Hier geht es um mehr: Es geht darum, sich Lebens- und Kulturformen nicht willkürlich verbieten zu lassen. Es geht darum, das der Senat nicht willkürlich Zusagen und Versprechen brechen und Entscheidungen durchknüppeln kann. Und deswegen unterstütze ich Bambule. Und immer noch den FC St. Pauli…