Kolumne sanktpauli 05

Ich will so bleiben wie ich bin.

Die Gewichtsfrage stellt sich, wenn der Sommer kommt. Menschen überlegen, wo sie mit ihren Handtüchern die besten Liegestühle am Pool oder am Strand blockieren können. Im Kontext dieser sommerlichen Strategieplanung wird erwogen, die Figur bademodenkompatibel zu trimmen. Geht es aber auf die Weihnachtszeit zu findet man sich mit den Pfunden ab, da ja die weihnachtliche Festivität Gewicht addiert statt subtrahiert. Weihnachten ist neben dem Fest der Liebe auch das Fest der Pfunde, der kulinarischen Exzesse. Aber der Lieblingsverein hat endlich die neuen Trikots im Regal und Fan möchte eines käuflich erwerben, um es stolz, einem Glaubensbekenntnis gleichbedeutend am Körper zu tragen.

Da geht man in den Fanshop, begutachtet die neue Ware und muss feststellen, das XL zwar groß aber nicht ausreichend ist: Die eigenen 120 Kilo sehen komisch aus. So in XL. Selbst in XXl. Gar nicht wie die im Höchstfalle 85 Kilo der Spieler, denen man sich zugetan fühlt. Da wird dann am eigenen Körper maßgenommen und mit den Maßangaben anderer Kauf-oder Versandhäuser verglichen. ?Bei Quelle würde ich da locker reinpassen.? Quelle verkauft aber keine St. Pauli Trikots.

Was tun also? Abspecken? Hamburger Trimm-Dich-Pfade ablaufen, ein ?Fress-Die-Hälfte-Programm? erarbeiten, das XXL oder XL zu dem macht, was es mal war? Nein, alles bloß das nicht. Es hat doch Liter von Bier, Tonnen von Fleisch in jedweder Erscheinungsform gebraucht und Unmengen an Zeit der Nichtbewegung, um diesen glänzenden Bauch zu produzieren. Und der soll jetzt weg? Das ist doch in anderen Kulturen ein Statussymbol für Reichtum. Und überhaupt: Dieser Schönheits- und Schlankheitswahn unserer westeuropäischen Gesellschaft. Dem muss man sich ja nun nicht auch noch beugen. Mein Bauch gehört mir formuliert der Astrageschwängerte Rülpser um hinzuzufügen, das Big beautiful und ein dicker Bauch sexy ist. Mein Partner mag mich so. Da kritisiert man lieber die Tatsache, das die Größe XL in der Verarbeitung doch sehr klein ausfällt, XXL doch XL zu sein scheint. Warum verkauft unser beliebter Verein nicht einige wenige Trikots in Übergrößen? Der Bedarf ist ja da. Und Geld kann der Verein doch immer gebrauchen.

Aber: Unser Verein ist kein Versandhaus für Übergrößen. XL und XXL ist zwar im Sortiment vorhanden, doch Textilien, bei denen an der Seite das Fleisch überquillt, sind nicht mehr hübsch, sondern auf unansehnliche Weise als Wurstpelle zweckentfremdet.