Bestandsaufnahme | 2003

es gibt tage an denen bin ich ich selbst mir zuviel und da türmen sich gedanken gefühle erinnerungen auf wie einst der turm zu babel der bau wird bestraft mit sprachgewirr so das man sich selbst nicht mehr versteht wer soll sich da noch auskennen und da ist man auf einmal fremd in sich selbst zuviel mensch für andere an anderen tagen ist mir das leben einerlei und ich freu mich morgens auf mich selbst gehe mit mir in mir aus und genieße mich letzten samstag wog ich nur noch 78,9 kilo einen tag später waren es wieder 79,4 wo sind die 500 gramm wohl hergekommen und wenn ich sehe das meine haare langsam grau werden wird mir schwindelig denn auch die augenbrauen werden länger und struppiger das erinnert mich wiederum an den busfahrer der uns früher immer zum gymnasium fuhr der hatte augenbrauen da hätte man ein handtuch dran aufhängen können das muss man sich mal vorstellen

His Young Royal Sharkness

bei meiner schwester hängt ein passbild meines vaters in der küche an einer pinnwand da sehe ich mir das foto an und erschrecke denn das bin ich irgendwie und da fällt mir ein wo ich herkomme was ich war bin und vielleicht sein werde da stelle ich fest das man familie nicht los wird und nicht frei davon wird was einen lange jahre erst schützend und dann
einengend umschlungen hielt wir hatten früher immerhin noch die möglichkeit uns selbst zu gestalten und persönlichkeit zu werden da konnten wir noch tabus aufbrechen mit unserer kunst unseren worten liedern und gedanken no one is important schrieb ich mit dickem filzstift auf mein t-shirt und das mädchen das ich damals liebte hielt mich für bekloppt allein weil sie mich nicht verstanden hat bin ich doch nicht blöde was ist das denn für eine einstellung das hat doch nichts mit mensch sein und mensch wahrnehmen zu tun

und wenn mir meine mutter damit drohte das der vater abends nach hause kommt und mich bestraft für den mist den ich in der schule gebaut habe so musste ich in mich hinein grinsen denn mein vater hat mich nie bestraft dafür liebte er mich viel zu sehr und viel zu spät habe ich das verstanden da hat es nichts mehr genutzt das zu wissen denn da wurde er in einem hölzernen behältnis drei meter tief in die erde verfrachtet und da wo früher ein mensch mit einem warmen lächeln war ist jetzt ein kalter schwarzer stein auf dem nur buchstaben und zahlen stehen die nicht sagen wer das wirklich einmal war

mein erster kuss von einem mädchen der kam mir komisch vor denn sie hatte eine zahnspange die glitzerte wenn sie lachte genau wie ihre sommersprossen als wir uns küssten bei ihr im partykeller kratzte die zahnspange an meiner zunge aber eigentlich fand ich das ganz angenehm seltsam nur das wir uns wirklich nur diesen einen abend küssten und danach nie wieder und nächtelang habe ich neben der letzten und einzigen frau die ich wirklich und tatsächlich liebte gelegen und sie angeschaut weil ich sie so liebte weil ich angst hatte das hört wieder auf und weil sie so schön und unschuldig da lag ruhig und gleichmäßig ging ihr atem und ihre schöne brust hebte und senkte sich in regelmäßigen zügen da weinte ich leise wegen ihrer schönheit weil sie einfach da war neben mir lag und meine liebe zu ihr mir die gewißheit gab dass das leben doch etwas wert ist und schönheit in sich birgt die nur jemand begreift der wirklich lebt und liebt das ist aber auch ein ewig gleiches spiel bei dem man nie weiß ob man gewinnt oder verliert und bei dem man nie weiß was man gewinnt oder was man verliert mich macht das wahnsinnigg frauen kennenzulernen irgendwann festzustellen das da ein gefühl geboren wird das schön ist und warm das den bauch grummeln das herz schneller schlagen lässt und auch im unterleib ein wohliges verlangen auslöst denn dann fängt er wieder an der balztanz das arbeiten kämpfen rackern angst haben und verunsichert sein und die stunden minuten sekunden in denen sie nicht da ist oder antwortet werden zur qual und wenn man dann im seelenstress ist und ein glas zuviel trinkt ist sie verloren die beherrschung und koordination und da denkt sagt oder schreibt man dinge die man später dann selbst nicht mehr versteht

gestern noch saß ich mit einem sehr guten freund zusammen trank ein paar biere und etwas grappa wir redeten über klaus kinski über punkrock und den regisseur faßbinder da kam ich auf die frage ob man sich tatsächlich in einen menschen verliebt oder verliebt man sich in seine ureigene interpretation dieses menschen in das bild das man sich selber macht um eines haben zu müssen damit man glaubt man versteht den menschen und liebt ihn ich weiß es doch auch nicht und verschicke diese frage per sms eine technik die ich sehr gut finde aber wenn dann keine antwort kommt bin ich mir nicht mehr sicher ob die frage nicht zuviel war und ob das verständnis für die frage fehlt oder die interpretation des empfängers in eine richtung geht die gar nicht die meine ist aber fragen muss doch noch erlaubt sein ohne interpretiert oder gar missverstanden zu werden

manchmal bin ich auch detektiv dann spüre ich details auf und kombiniere sie da entwickeln sich tolle geschichten und einiges an wahrheit kommt ans tageslicht aber die wahrheit ist dann doch zuviel für mich denn so genau wollte ich es dann auch nicht wissen und ich lege sie zur seite die wahrheit denn sie verletzt doch mehr als das sie nützt das ist ja mitunter auch mehr schein als wirklichkeit denn wenn ich etwas erfahre und es interpretiere mach ich ja den gleichen fehler den sie alle machen aber ich bin ja auch nur mensch wenn auch mehr als manch anderer oder vielleicht sogar weniger als manch anderer aber ich bin mensch und ich glaube ich bin sogar ein ganz guter mensch und schon gar nicht hässlich wobei ich morgens schon manchmal denke das ich alt geworden bin und hin und wieder um drogerien herumschleiche mit der überlegung das eine anti-aging-creme für männer doch keine schlechte erfindung ist tom ford der amerikanische designer legt sich jeden morgen kalte coladosen auf die augen das sei gut gegen tränensäcke und falten mir ist das aber zu kalt und ich trinke lieber cola statt sie mir auf mein gesicht zu legen aber der tom ford findet körperbehaarung auch gut und rasiert sich nicht im intimbereich muss man ja auch nicht aber ich finde es besser das ganze haargelöt etwas zu stutzen wenn ich die jungs aus meiner mannschaft sehe mit ihren unrasierten schwänzen auf denen die haare nur so wuchern finde ich das hässlich

His Royal Sharkness

und nein ich bin nicht depressiv ich denke einfach viel nach und empfinde viele dinge sehr intensiv und das drücke ich auch aus wenn ich das nicht ausdrücken würde dann würde ich bestimmt depressiv werden früher habe ich das in bildern und gedichten umgesetzt von bildern habe ich lange zeit die finger gelassen genau wie von der musik die ich früher gemacht habe aber es ist auch kein schöner anblick eine freundin tot in der badewanne vorzufinden die sich im suizidalen rausch mein lied in den cd-player legt und auf repeat stellt ich bin doch kein soundtrack für selbstmörder und kann auch nichts dafür wenn andere menschen ihr leben nicht leben wollen so sehr ich auch versuchte da auszuhelfen aber ich kann nicht das leben das schon seltsam schön und genug ist für zwei verantworten und leben bin ich denn zwei öltanks nein bin ich nicht und so konnte ich da nichts machen ausser den notarzt und die polizei zu rufen auch wenn es dann schon zu spät war deswegen gehe ich seitdem auch nicht so gern in die wanne sondern dusche lieber in der wanne liegen ist mir unheimlich das erzeugt immer so komische bilder in mir mit den bildern habe ich ja wieder angefangen aber es bleibt noch bei kleinen skizzen für große werke und ich sage euch eines tages werde ich im museum hängen und schulklassen und japanische touristen werden an meinen bildern vorbei huschen und voller unverständnis auf meine linien starren ohne mich zu verstehen aber mir wird das egal sein denn ich werde dafür gut bezahlt mit meinen linien gedanken gefühle auszudrücken die meine eigenen sind und da können mir die japaner doch gestohlen bleiben und die schulklassen auch die werden ja schliesslich ins museum gezwungen wichtiger sind mir da meine texte denn das geschriebene wort wird durch das lesen verstanden und ist weniger interpretierbar als eine hastig hingeworfene linie jaja schreiben ist gut und das ist auch eine sehr sinnliche beschäftigung wenn man so in die tasten haut und jeder buchstabe auch ein geräusch provoziert und dann auf dem weißen monitor aufpoppt der tanz der buchstaben ist mir dann eine wahre freude und was ich lese freut mich auch wenn es sehr traurig ist manchmal aber es aufzuschreiben und zu formulieren tut gut und macht sachen weniger schlimm das ist wie das pusten einer mutter auf eine schramme am knie